Dieser Artikel wurde am ersten Februar in bento veröffentlicht.
Als ich aus dem Haus ging, schlug mir das Herz bis zum Hals. Ich hatte Todesangst. Was passieren würde, war unberechenbar. Aber ich war auch gespannt und aufgeregt. Dann stieg ich auf die Bank, mein Kopftuch an einem Stock befestigt, und schwenkte es im Wind. Mein Herzklopfen wurde noch stärker.
Das sind die Gefühle von Setare* – eine der Frauen in Teheran, Iran, die sich getraut haben, in der Öffentlichkeit gegen den Kopftuchzwang zu protestieren. Seit Anfang der Woche stellen sie sich auf Mauern, Stromkästen oder Bänke, einen Stock in der Hand, an dem ihr Kopftuch wie eine Fahne weht.
Seit Ende Dezember gehen viele junge Iraner auf die Straße. Begonnen hat der Protest im besonders frommen Maschad. Zunächst ging es nur um Lebensmittelpreise. Mittlerweile sind die Demonstranten vor allem wütend – auf die geistliche Führung im Land. Und die Frauen machen klar: Wir wollen selbst bestimmen, ob wir ein Kopftuch tragen oder nicht.
Bisher wurden die Demonstrationen mit Gewalt niedergeschlagen, 3700 Menschen wurden festgenommen, mindestens 22 getötet. Auf den Straßen ist es seither etwas ruhiger geworden – doch die Forderungen der Aktivisten bleiben.
Auch Setare ging in den vergangenen Tagen oft demonstrieren. Sie ist 25 Jahre alt und trug ein Kopftuch, seit sie ein Kind war. Bisher legte sie es in der Öffentlichkeit nicht ab, doch seit sich mehr und mehr Frauen in Iran trauen, auch ohne Bedeckung aus dem Haus zu gehen, geht auch Setare lockerer mit ihrem Tuch um. Wie viele legt sie es sich häufig nur auf die Schultern und zieht es erst über den Kopf, wenn sich die Polizei nähert.
Ihre Familie und ihre Freunde unterstützen sie, sind sogar stolz auf sie. Sie weiß aber, dass das bei längst nicht allen so ist: “Ein Diktator kann auch zu Hause sein”, sagt sie.
Auch Setare ging in den vergangenen Tagen oft demonstrieren. Sie ist 25 Jahre alt und trug ein Kopftuch, seit sie ein Kind war. Bisher legte sie es in der Öffentlichkeit nicht ab, doch seit sich mehr und mehr Frauen in Iran trauen, auch ohne Bedeckung aus dem Haus zu gehen, geht auch Setare lockerer mit ihrem Tuch um. Wie viele legt sie es sich häufig nur auf die Schultern und zieht es erst über den Kopf, wenn sich die Polizei nähert.
Ihre Familie und ihre Freunde unterstützen sie, sind sogar stolz auf sie. Sie weiß aber, dass das bei längst nicht allen so ist: “Ein Diktator kann auch zu Hause sein”, sagt sie.
Laut der Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotudeh handelt es sich bei der ersten Kopftuchschwenkerin um die 31-jährige Vida Movahed. Sie wurde kurzzeitig festgenommen – und anders als einige andere Frauen, die nach dem Schwenken ihres Hijabs ebenfalls festgenommen wurden, inzwischen wieder freigelassen.
Noch wichtiger als die Initiatorin der Aktion seien die Frauen, die ihr folgten, sagt Setare: “Weil sie nicht zugelassen haben, dass die Aktion eine Einzeltat bleibt. Die zweite Frau, die ihr Kopftuch schwenkte, machte aus einer heldenhaften Tat eine zivile Bewegung.”
Als Setare die Bilder der Frauen sah, die sich dieser Bewegung anschlossen, stellte sie fest: Die Proteste sind noch nicht vorbei.
Dann kam ihr Moment auf der Bank.
Die Menschen um sie herum blieben stehen und sahen sie an. “Männer pfiffen mich aus, einer packte mich und versuchte, mich runterzuziehen. Ein anderer sagte, er stünde dem Regime zwar auch kritisch gegenüber, aber sich auf die Bank zu stellen sei nicht der richtige Weg”, sagt Setare.
“Frauen und Mädchen waren verwundert, sie tuschelten. Einige lächelten und formten ihre Hände zum Victory-Zeichen. Die Taxifahrer waren total begeistert und lobten mich.”
Nach einer halben Stunde Schwenken sah Setare, wie sich aus der Ferne ein Polizeiwagen näherte. Sie sprang von der Bank und rannte los.
“Wir wissen, sie sind zu allem fähig”, sagt sie. Sie vermutet, dass Frauen sogar willkürlich von Mitgliedern der paramilitärischen Miliz verprügelt würden. Zum Schutz brauche die Bewegung dringend mehr Leute – “und ohne Männer lässt sie sich nicht fortsetzen”, sagt Setare.
Doch den Willen, in ihrem Land etwas verändern zu wollen, verspürt Setare stärker denn je. “Wenn sich ein Staat in die Bekleidung der Leute einmischt, dann ist das die schlimmste Form der Diktatur.”
Sie wolle sich auch künftig politisch engagieren, sagt sie – aber ob sie noch einmal ihr Kopftuch schwenkt, wisse sie noch nicht. Während sie auf der Bank stand, hätten Vorbeilaufende Fotos gemacht und sie im Internet geteilt. Einige Tage blieb Setare daraufhin zu Hause – aus Sorge, auf der Straße von der Polizei erkannt zu werden.
Inzwischen gehe sie wieder raus, doch immer schwanke sie zwischen Furcht und Hoffnung. “Sollte diese Bewegung scheitern, wird eine andere geboren”, sagt sie. “Bald ist hier internationaler Frauentag. Vielleicht kommen dann noch mehr Frauen und auch mal Männer mit einem Stock und einem Tuch auf die Straße.”