Dieser Artikel wurde am 27. August auf der Titelseite der Welt-Zeitung gedruckt.
Mit harter Hand geht das iranische Regime gegen seine Gegner vor. Auch gegen Frauen, die sich weigern, ein Kopftuch zu tragen. Eine von ihnen, Roya Saghiri, könnte nun zur Ikone werden.
Auf den Lippen ein Lächeln, die linke Hand zum Victory-Zeichen geformt, die rechte in Handschellen – das Foto zeigt die Iranerin Roya Saghiri auf ihrem Weg ins Gefängnis. Zu 23 Monaten Haft wurde die 23-jährige Studentin verurteilt.
Die Begründung: Propaganda gegen das islamische Regime und Beleidigung des Obersten Religionsführers. Weil sie aus Protest auf der Straße ihr Kopftuch abgenommen hatte, wurde sie außerdem zu zehn Peitschenhieben auf Bewährung verurteilt.
Saghiri ist eine von vielen Iranerinnen, die sich gegen das strenge religiösen Regime stellen. Kurz bevor sie am 25. August ihre Freiheitsstrafe antrat, hinterließ sie noch eine Nachricht auf ihrem Instagram-Account: „Morgen werden sie mir mein bisschen Freiheit durch deutliche Ungerechtigkeit nehmen. Ab morgen werden die Mauern um mich herum noch enger werden. Die Geschichte möge darüber urteilen.“
Saghiri ist eine von vielen Demonstranten, die im Dezember 2017 und Januar 2018 im Iran festgenommen wurden. Anfang des Jahres gingen viele Menschen gegen die schlechte wirtschaftliche Situation und die Einschränkungen der Freiheiten durch das religiöse Regime auf die Straßen.
Durch das Eingreifen der Sicherheitskräfte kamen Menschen ums Leben, einige sollen gefoltert worden sein. Viele sitzen immer noch im Gefängnis und manche sind verschwunden.
In den vergangenen Monaten wurden die festgenommenen Studenten und Studentinnen vor Gericht gestellt. Sie hatten sich auch für freie Bildung eingesetzt. Die Urteile gegen diese Studierenden sind selbst im iranischen Kontext streng ausgefallen.
Hassan Ruhani, der seit fünf Jahren Präsident der Islamischen Republik ist und eine Öffnung des Landes versprochen hatte, wird für seine Tatenlosigkeit kritisiert. Viele hatten von ihm erwartet, dass er sich für die Studenten einsetzen würde.
Ein Freund von Saghiri, bei dem sie sich aus dem Gefängnis gemeldet hat, schrieb am Montag auf Twitter, sie habe gute Laune gehabt und ihre Stimme sei lebendig und stark gewesen. Saghiris Geist und Mut sind zum Vorbild für viele Iraner geworden, die sich für Freiheit im Land einsetzen.