Bisher ist -und vermutlich bleibt noch lange- der Valentinstag 2011 ein besonderer Tag in der iranischen Geschichte, nicht nur wegen derjenigen, die ihre Liebe feiern wollten, sondern wegen deren, die ihr Leben wegen der Freiheit und wegen der freien Liebe im Gefahr brachten.
Am 14. Februar 2011 fand eine der größten Demonstrationen im Namen der sogenannten Grünen Bewegung statt, wobei die Regierung Ahmadinedschads der Meinung war, dass sie die Protestler im Griff behalten könnten.
Trotz aller Erwartungen kamen nach einer Aufforderung von Mir Hossein Mussawi, dem Präsidentschaftskandidaten von 2009, selbst in Teheran eine Million Demonstranten auf die Straße, so berichteten iranischen Medien.
Der Polizeieinsatz führte zu einer Welle der Gewalt. Drei Anhänger der Bewegung wurden erschossen, tausende festgenommen.
Vom Abend fingen die Sicherheitsbehörden an, alle Kontakte der Anführer zu unterbinden. Mir Hossein Mousavi und seine Ehefrau Zahra Rahnaward wurden in ihrer Wohnung eingesperrt. Die Tür wurde mit einem Eisenblech blockiert und niemand durfte rein oder raus. Gleichzeitig wurde Mehdi Karroubi, der andere Präsidentschaftskandidat von 2009 und seine Frau im Haus verhaftet. Die Ehefrau Karrubis wurde nachher freigelassen, Mousavis Frau ist allerdings noch immer eingesperrt.
Seit Februar 2011 gibt es für sie keine Möglichkeit mehr, mit der Außenwelt in Kontakt zu treten. Nur ihre Kinder können sie unregelmäßig und unter schwierigen Auflagen der Behörden besuchen.
Ab und zu richten die Töchter eine Nachricht von Mousavi aus.
Im September 2011 kündigten die Töchter Mousavis an: Wer sich über unsere Situation unter Hausarrest informieren wolle, solle den Roman Marquezs „Nachricht von einer Entführung“ lesen. Die Verkaufszahl des Buchs habe sich nach der Empfehlung von Mousavi stark erhöht, wie verschiedene Medien berichtet haben.
Innerhalb der letzten sechs Jahren versuchte der Staat mit den von ihm beherrschten Rundfunkmedien und mit starken Propaganda, die Öffentlichkeit zu überzeugen, dass die Bewegung gescheitert und der Widerstand vorbei ist, beziehungsweise die Anführer der Bewegung vergessen worden sind.
Am 13. Februar hielten allerdings Iraner auf den sozialen Medien, der einzige Ort, wo man sich relativ ungefährdet fühlt, etwas entgegen. Unter Hashtags #EndHouseArrest und #BreakHasr wurden unzählbare Tweets geschrieben, die ein Ende des Hausarrests forderten.
„Gegen Vergesslichkeit“, „wir entsinnen uns“ und „Schluss zum Hausarrest“ wurden am Montag, den 13. Februar in persischen sozialen Medien mehrmals wiederholt.
Befreiung der Oppositionsführer war eines der wichtigsten Wahlversprechen von Präsidenten Rohani, was er nach der Wahl nur ein, zwei Mal erwähnt und dann nicht mehr darüber gesprochen hat.
Mir Hossein Mousavi (75), Zahra Rahnaward (71) und Mehdi Karroubi (79) alle leiden unter verschiedenen Krankheiten, weil sie seit sechs Jahren keine richtige medizinische Pflege erhalten würden, so die Familien.
Im April 2012 habe Mousavi der Familie und den Leuten vorgeschlagen, das Buch des österreichischen Autors, Stefan Zweig, „Castellio gegen Calvin oder Ein Gewissen gegen die Gewalt“ zu lesen, berichtet eine oppositionellen Webseite.
Zwei Monate vor dem Vorschlag Mousavis, als ich nach meiner Verhaftung wieder auf freien Fuß gesetzt worden war, sagte mir eine Freundin, die in der Zeit meiner Festnahme ernste Probleme bekommen hatte, dass nichts besser als dieses Buch unsere Situation darstellen könne.
Es stimme, würde ich dieser Freundin sagen, wenn ich sie wieder treffen dürfte, vor allem dieses Einleitungszitat von Sebastian Castellio:
„Die Nachwelt wird es nicht fassen können, dass wir abermals in solchen dichten Finsternissen leben mussten, nachdem es schon einmal Licht geworden war.“ (Castellio in >De arte dubitandi<)